Schnee auf Solaranlagen: Reinigen oder warten? Die Wahrheit über Energieeffizienz im Winter

Schnee auf Solaranlagen: Reinigen oder warten? Die Wahrheit über Energieeffizienz im Winter

An einem frühen Januar-Morgen stand ich im Hof, Atem kleine Wolken, und schaute hoch aufs Dach. Die Module, die uns den Sommer über so zuverlässig versorgt hatten, lagen wie unter einer Daunendecke. Der Nachbar schob mit einem Besen am Giebel, rief etwas über „verlorene Kilowattstunden“, und irgendwo bellte ein Hund. Ich nahm mein Handy, öffnete die Monitoring-App und sah: kaum Ertrag, dafür eine glatte Linie wie eingeschneit. Ein Rotkehlchen hüpfte am Zaun, als würde es fragen, ob ich den Besen hole oder Kaffee koche. Der Tag war klar. Nur die Entscheidung lag schwer. Und dann glitt am Rand eine weiße Zunge ab.

Schnee, Effizienz und das leise Warten

Schnee schluckt Licht, das wissen wir. Was viele unterschätzen: Wie schnell sich eine PV-Anlage selbst hilft, sobald die Sonne kurz durchkommt. Dunkles Glas erwärmt sich schneller als die Umgebung, die untere Schicht taut an, und der Schnee rutscht in einem Rutsch. Über ein ganzes Jahr gesehen frisst Schnee bei vielen Anlagen überraschend wenig Ertrag. In Tallagen sind es wenige Wintertage, in höheren Lagen ein paar Wochen. Das Gefühl von „nichts geht mehr“ ist oft größer als der wirkliche Verlust.

Ein Beispiel aus Süddeutschland: In Augsburg lag 2023 an fünf Tagen eine geschlossene Schneedecke auf vielen Dächern. Die Monitoring-Daten eines 8-kWp-Hausdachs zeigten im Januar rund 18 Prozent weniger Ertrag als im Vorjahr – vor allem wegen drei trüben Tagen, nicht wegen des Schnees. Als die Sonne kam, rutschte der Schnee bis zur Traufe in 20 Minuten. Wir alle kennen diesen Moment, wenn man von drinnen zuschaut und leise hofft, dass es jetzt „flutscht“.

Physik hilft bei der Einordnung. PV-Module erwärmen sich bereits bei kurzer Einstrahlung um ein paar Grad, das genügt, um die Haftung der Schneeschicht zu verringern. Der Neigungswinkel entscheidet, wie schnell es geht: Ab etwa 30 Grad rutscht viel von selbst, flache Dächer halten länger. Die Umgebung wirkt mit – Reflexion von Schnee (Albedo) liefert diffuse Strahlung, die nach dem Abrutsch sogar Extra-Lux bringt. Manchmal ist Warten nicht passiv, sondern klug.

Reinigen ohne Risiko: Was wirklich hilft

Wenn Räumen, dann vom Boden aus und mit leichtem Gerät. Ein teleskopierbarer Schneeräumer mit weicher Schaumkante ist Standard, der Kopf bleibt 3–5 Zentimeter über dem Glas. Ziehen, nicht drücken. Nur den unteren Rand freilegen reicht oft, weil die entstehende „Rinne“ Wärme entweichen lässt und den Rest in Bewegung bringt. Warmes Wasser, Salz oder Enteiserspray gehören nicht aufs Modul. Glas und Rahmen mögen Geduld, keine Chemie.

Seien wir ehrlich: Niemand macht das jeden Tag. Wer ein steiles Dach hat oder glatten Hof, lässt es bleiben – zu recht. Stürze, Kratzer, gelöste Stecker sind teurer als jede eingesparte Kilowattstunde. Sicherheitsleine und Dachhaken sind Profisache, nicht Wochenendmut. Sicherheit schlägt jede zusätzliche Kilowattstunde. Wer Bäume mit laden Schnee neben dem Dach hat, räumt nur die Wurfrichtung frei, nicht die Module. Kleine Schritte, große Wirkung.

Ein häufiger Fehler ist der Griff zu harten Bürsten oder Metallkanten. Der zweite: am Mittag räumen, wenn schon Tausalz vom Gehweg in der Luft klebt. Lieber früh am Tag, trockene Luft, ruhige Hand.

„Lieber eine Stunde später Strom als eine Saison lang Kratzer“, sagt eine Dachdeckerin aus Garmisch.

  • Nur vom Boden oder gesichert räumen.
  • Weiche Schaumkante, kein Metall, kein Salz, kein heißes Wasser.
  • Unterkante freilegen genügt oft.
  • Kabelwege und Steckverbindungen unberührt lassen.
  • Bei zweifelhaften Dachneigungen: Profi holen.

Was der Winter uns beibringt

Der Winter zeigt, wie belastbar eine Anlage wirklich ist. Wer im Sommer an Ausrichtung und Beschattung gefeilt hat, erlebt im Januar die Erträge gelassener. Kleine Hardware-Entscheidungen wirken groß: ein Neigungswinkel ab 30 Grad, glatte Modulrahmen ohne hohe Kante, freiere Traufbereiche. Monitoring hilft, Muster zu sehen, statt nur Gefühle. Wer räumt, räumt sanft. Wer wartet, wartet mit Plan: Wetterfenster checken, den unteren Streifen freilegen, den restlichen Job der Sonne überlassen. In schneereichen Regionen kann eine temporäre Schneebremse am Dachfirst sinnvoll sein, auf Häusern mit Gehweg darunter aus purem Personenschutz. Und noch etwas lernen wir: Geduld spart Nerven, Geld und manchmal auch die Garantie.

Kernpunkt Detail Interesse für den Leser
Warten lohnt oft Selbstreinigende Effekte durch Erwärmung und Neigung Weniger Stress, kaum Jahresverlust
Sanft räumen Schaumkante, nur Unterkante, kein Salz/Heißwasser Keine Kratzer, Garantie bleibt intakt
Sicherheit vor Ertrag Vom Boden arbeiten, Profi bei Steildach Unfälle vermeiden, Geld sparen

FAQ :

  • Beeinflusst Schnee die Lebensdauer meiner PV-Anlage?Schnee an sich nicht, mechanische Belastung schon. Normgerechte Montagesysteme tragen übliche Schneelasten, kritisch wird es bei Nassschnee und Verwehungen. Räumen mit harten Werkzeugen verursacht Mikroschäden – das verkürzt eher die Lebensdauer als ein paar Tage Schnee.
  • Soll ich die Module komplett freilegen oder nur den unteren Rand?Für viele Dächer reicht ein freier Unterrand. Dort entsteht ein thermischer Abfluss, der den Rest beschleunigt. Komplett freiräumen dauert länger, erhöht das Risiko und bringt oft nur wenige Stunden Vorsprung.
  • Hilft ein höherer Neigungswinkel gegen Schneeprobleme?Ja, ab etwa 30 Grad rutscht Schnee leichter. Auf Flachdächern wirken glatte Oberflächen und Windleitbleche; dort arbeiten viele mit leicht geneigten Aufständerungen, um den Rutsch zu starten.
  • Darf ich warmes Wasser verwenden, um den Schnee zu lösen?Nein. Temperaturschock und Schmutzränder sind mögliche Folgen. Wasser kann in Rahmen oder Stecker gefrieren. Trockene, mechanisch sanfte Methoden sind sicherer als jede Flüssigkeit.
  • Wie groß ist der Ertragsverlust durch Schnee übers Jahr?Das variiert stark nach Region. In weiten Teilen Deutschlands bewegt sich der Jahresverlust oft im unteren einstelligen Prozentbereich. In Schneegürteln und Höhenlagen kann er spürbar sein, wird aber durch clevere Winkel, sanftes Räumen und sonnige Schmelzfenster abgemildert.

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