Fahren im Neuschnee: Sollte man die Traktionskontrolle (ASR/ESP) ausschalten? In diesem Fall : Ja

Fahren im Neuschnee: Sollte man die Traktionskontrolle (ASR/ESP) ausschalten? In diesem Fall : Ja

Neuschnee klingt nach Ruhe, Grip nach gestern. Du rollst an, die Räder suchen Halt, das Auto zögert – und die Traktionskontrolle nimmt dir Leistung weg. Genau in diesem Moment stellt sich die Frage: ASR/ESP aus oder an? Die Antwort ist überraschend klar – in einer ganz bestimmten Situation.

Ich trete behutsam aufs Gas, die Reifen flimmern, die Elektronik blinzelt und kappt die Kraft, als hätte jemand die Luft aus dem Motor gelassen. Eine Sekunde später stehe ich tiefer im weichen Schnee, näher an der Verzweiflung als an der Ausfahrt. Dann drücke ich kurz auf die Taste mit dem schlingernden Auto, lasse die Räder etwas scharren, das Auto krabbelt an, holt sich Schwung, und wir gleiten frei. Und dann entscheidest du.

Wenn Traktion zur Bremse wird

Traktionskontrolle und ESP wirken wie ein guter Freund, der dich am Ärmel festhält, bevor du fällst. Im Neuschnee kann genau diese Fürsorge blockieren: Das System bremst durchdrehende Räder und drosselt die Leistung, bis kaum noch Vortrieb anliegt. In lockerem, tiefem Schnee braucht es aber ein wenig Schlupf, damit die Reifen einen Keil bauen und sich „eingraben“ können. Ohne diesen Schlupf bleibt das Auto stehen, obwohl unter den Rädern eigentlich Potenzial steckt.

Wir kennen alle diesen Moment, in dem man an der verschneiten Einfahrt hängenbleibt und die Nadel des Drehzahlmessers wie eingefroren wirkt. ADAC-Helfer erzählen jede Saison von Fahrern, die „ohne Kraft“ feststecken, weil die Elektronik zu früh abregelt. Ein kurzer Druck auf ASR-Off, zweiter Gang, sanftes Gas – und plötzlich rollt der Wagen an, als wäre die Straße einen Hauch griffiger geworden. Nicht Magie, reine Physik und ein Schlupffenster, das wieder geöffnet ist.

Elektronik denkt in Sicherheit, Schnee verlangt nach Dynamik. ASR minimiert Schlupf, ESP stabilisiert die Spur – im Vortriebskampf auf fluffigem Weiß wirken beide wie ein Dämpfer. Schlupf bedeutet hier nicht Kontrollverlust, sondern kontrollierte, begrenzte Scharrbewegung, die Vortrieb erzeugt. **In lockerem Neuschnee hilft ein kurzer Klick: Traktionskontrolle aus, anfahren, dann wieder an.** So nutzt du das kleine Fenster, in dem Räder „arbeiten“ dürfen, ohne die Stabilität auf der Straße zu riskieren.

So geht’s: kurz aus, frei fahren, wieder an

Bevor du losfährst: Winterreifen mit ordentlichem Profil, Lenkung gerade, zweiter Gang bei Handschalter oder Wintermodus/„Snow“ bei Automatik. Schalte ASR/ESP soweit möglich kurz ab, gib gleichmäßiges, ruhiges Gas, akzeptiere 10–20 Prozent Schlupf und halte die Räder im spitzen Winkel in die Spur. Sobald der Wagen Fahrt aufnimmt und die Räder rollen, nimm die Elektronik wieder dazu. **Auf der Straße bleibt ESP dein Netz.**

Die häufigsten Fehler passieren in den ersten zwei Metern. Zu viel Gas, hektisches Gegenlenken, abruptes Bremsen – schon gräbst du dich tiefer ein. Besser: minimaler Lenkeinschlag, kleine Gaswellen statt Vollgas, wenn es eng wird, vorsichtig zurückrollen und neu ansetzen. Seien wir ehrlich: Das übt niemand im Juli auf trockenem Asphalt. *Es fühlt sich im ersten Moment falsch an.* Doch das kurze, bewusste Freigeben der Räder ist hier die Technik, die dich aus dem Flausch zieht.

Bei Steigungen hilft ein Anlauf auf gerader Spur und das saubere „Durchziehen“ ohne Stopp. Vorderradantrieb profitiert vom Gewicht vorne, Allrad verteilt den Biss, Hecktriebler lieben Ballast im Kofferraum. Denke in Metern, nicht in Kilometern – es geht um den Start, nicht um Tempo.

„ASR aus zum Anfahren im tiefen Schnee – ASR wieder an, sobald es rollt.“

  • Modus kennen: Manche Autos lassen nur ASR aus, ESP bleibt teilaktiv.
  • ABS bleibt fast immer aktiv – Notbremsen bleibt kontrollierbar.
  • Oberhalb etwa 20–30 km/h Elektronik wieder zuschalten.
  • Kein Heldentum auf öffentlichen Straßen: kurze, klare Manöver.

Was bleibt: Gefühl, Technik, Verantwortung

Die eigentliche Kunst liegt im Timing. Die Taste ist kein Mut-Button, sondern ein Werkzeug für einen ganz kurzen Moment, in dem der Schnee nach Schlupf verlangt und die Physik nach Ruhe im rechten Fuß. **Wer fährt, lässt Reserve.** Du nimmst dir die Elektronik nur so lange vom Hals, bis die Reifen sich greifen, und holst sie sofort zurück an Bord, wenn Rollgeschwindigkeit und Spur wieder stimmen. Zwischen tastendem Gas, sauberer Linie und dem Respekt vor den Grenzen entsteht dieser ruhige Flow, der dich durch die weiße Stadt trägt. Teile den Trick mit den Nachbarn an der Ausfahrt, aber behalte das Maß wie ein guter Fahrer: nüchtern, kontrolliert, menschlich.

Kernpunkt Detail Interesse für den Leser
ASR/ESP kurz deaktivieren Bei tiefem, lockerem Neuschnee zum Anfahren oder Freischaukeln Endlich vom Parkplatz oder aus der Einfahrt kommen
Schlupf akzeptieren 10–20% Radschlupf erzeugt Keil und Vortrieb Physik auf deiner Seite nutzen, statt gegen Elektronik kämpfen
Schnell wieder aktivieren Oberhalb 20–30 km/h ESP/ASR zurück einschalten Stabil bleiben, Risiken im Verkehr minimieren

FAQ :

  • Soll ich ASR oder ESP komplett ausschalten?Nur kurz fürs Anfahren im tiefen Neuschnee und nur so weit, wie das Auto es zulässt; oft wird primär ASR deaktiviert, ESP bleibt teilweise aktiv.
  • Gilt das auch bei festgefahrenem, glattem Schnee?Weniger, da Eis kaum Keilbildung erlaubt; hier helfen Sand, Matten oder ein minimaler Reifendruck-Korridor, statt mehr Schlupf.
  • Funktioniert das bei Allrad besser?Allrad verteilt den Grip, doch auch hier hilft kurzer Schlupf; die Regel bleibt: kurz aus, frei fahren, wieder an.
  • Schadet häufiges Durchdrehen den Reifen?Ja, übermäßiges Scharren erhitzt und fräst Profil; halte den Schlupf klein und die Dauer kurz.
  • Bleibt ABS beim Bremsen aktiv?In den meisten Fahrzeugen ja; die Taste für ASR/ESP ändert das ABS nicht, lies trotzdem die Hinweise im Handbuch.

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