Räumpflicht-Irrtum: Wer vor dem Haus wirklich schippen muss – und wer nicht

Räumpflicht-Irrtum: Wer vor dem Haus wirklich schippen muss – und wer nicht

Schnee legt sich über Nacht auf Stufen und Steine – und am Morgen stellt sich die Frage: Wer schiebt jetzt? Eigentümer, Mieter, Stadt? Zwischen Gewohnheit, Halbwissen und echten Pflichten liegen im Winter oft dünne Eisschichten. Dieser Text räumt mit typischen Irrtümern zur Räumpflicht auf – damit niemand ausrutscht, weder juristisch noch auf dem Gehweg.

Ein Paketbote balanciert schon zwischen zwei glatten Spuren, der Atem dampft, irgendwo kratzen Schaufeln. Eine ältere Frau winkt vom Fenster und ruft: „Heute sind doch Sie dran!“ Der Mann hält inne, die Hand am Griff der Schneeschaufel, und wirkt plötzlich unsicher. Muss er wirklich? Oder zahlt sonst jemand den Preis, wenn gleich einer fällt? Die Unsicherheit steht ihm ins Gesicht geschrieben. Ein Rätsel im Morgenlicht. Wer ist heute dran?

Wer wirklich schippen muss – und warum der Irrtum so hartnäckig ist

Die kurze Antwort klingt unbequem: In vielen Städten und Gemeinden sind Eigentümer für den Gehweg vor ihrem Grundstück zuständig, weil Kommunen die Räum- und Streupflicht per Satzung übertragen. Das steht nicht im Wetterbericht, sondern in der Straßenreinigungssatzung. Die längere Antwort lautet: Es hängt vom Ort, vom Mietvertrag und vom genauen Streckenabschnitt ab. Alles andere ist Stammtisch.

Ein Beispiel aus einem Altbauviertel: Frau Yildiz, Mieterin im dritten Stock, bekommt eine Nachricht vom Hausverwalter – „Bitte heute räumen“. Im Mietvertrag findet sie dazu nur eine vage Klausel. Unten streitet der Nachbar mit dem Bäcker um die Ecke: „Die Stadt ist doch zuständig!“ Ist sie das? Manchmal ja, etwa an Hauptverkehrsstraßen, oft nein, in Wohnstraßen. Am Ende ruft jemand die Kommune an, und die verweist auf die Satzung. Der Morgen ist halb vorbei, der Gehweg noch halb glatt.

Juristisch läuft es so: Die Kommune darf die Verkehrssicherungspflicht für Gehwege auf die Grundstückseigentümer übertragen. Eigentümer können den Winterdienst im Mietvertrag weiterreichen – klar und ausdrücklich, nicht nebulös. Ohne diese Übertragung bleibt die Pflicht beim Eigentümer. Wer an einer Ecke wohnt, muss meist beide Seiten räumen. Vor Bushaltestellen und öffentlichen Querungen ist oft wieder die Stadt am Zug. Klingt kompliziert, ist aber logisch: Wer an der Kante zur Öffentlichkeit lebt, hält den Übergang sicher.

Zeiten, Wege, Material: So klappt Winterdienst ohne Stress

Die Faustregel für Zeiten: meist 7 bis 20 oder 21 Uhr an Werktagen, an Sonn- und Feiertagen später am Morgen. Ein sicherer Steg von etwa 1 bis 1,50 Meter reicht, damit Kinderwagen und Rollatoren durchkommen. Erst grob schieben, dann streuen: Sand, Splitt oder Granulat. Auf Treppen und Rampen besonders sorgfältig arbeiten, Handläufe freihalten. Wenn der Schnee weiter fällt, später noch einmal raus – zwei kurze Runden sind leichter als eine heroische.

Viele Fehler passieren aus Eile: Streusalz wird großzügig verteilt, obwohl es in etlichen Städten auf Gehwegen untersagt ist. Schnee landet vom Gehweg auf der Straße, wo er zur grauen Matschwand wird. Oder man räumt nur bis zum eigenen Gartentor und vergisst die Ecke zum Zebrastreifen. Wir alle kennen diesen Moment, in dem man denkt: „Ach, das reicht schon.“ Seien wir ehrlich: Niemand macht das gern vor dem ersten Kaffee. Ein kleiner Plan hilft – und ein Sack Splitt im Keller hilft doppelt.

Ein ruhiger Tipp: Räumen Sie Linien, keine Flächen – zuerst einen durchgehenden Pfad, dann die Schultern. So kommen Menschen früh sicher durch, und Feinarbeit geht später leichter.

„Räumen ist keine Frage des Heldentums, sondern der Verlässlichkeit“, sagt ein Hausmeister, der seit 22 Wintern schiebt. „Es geht um fünf Minuten rechtzeitig – nicht um perfekte Schneekunst.“

  • Zeiten checken: lokale Satzung googeln („Straßenreinigung + Stadtname“).
  • Material wählen: Splitt statt Salz, Besen für Pulverschnee, Schaufel für Nassschnee.
  • Wege priorisieren: Haustür, Briefkasten, Müllplatz, Gehweg zur Straße.
  • Kontrolle: ein kurzer Blick am Mittag, ob’s wieder glatt wird.

Grauzonen, Haftung – und wer überraschend nichts muss

Manche Pflichten existieren nur im Kopf. Wer im Mehrfamilienhaus ohne klare Vertragsklausel wohnt, räumt nicht automatisch den Gehweg. **Mieter müssen nur räumen, wenn es im Mietvertrag ausdrücklich geregelt ist.** Wer einen Winterdienst beauftragt, bleibt Kontrollpflichtig – ein kurzer Blick, ein Anruf, wenn es schneit. *Man räumt für Menschen, nicht für Paragraphen.*

Es gibt Ausnahmen, die Trost spenden: Private Auffahrten sind Privatsache, keine öffentliche Pflicht. Reine Privatwege ohne öffentlichen Verkehr müssen nur so gesichert sein, dass Besucher nicht stürzen – der Gehweg draußen zählt mehr. Firmen und Läden haben eine erweiterte Pflicht zu ihren Eingängen; dort geht es um Kundschaft, nicht nur um Nachbarn. **Streusalz ist in vielen Kommunen auf Gehwegen verboten – besser Splitt, Sand oder Lava-Granulat.**

Und wenn mal was passiert? Wer seine Pflicht hat schleifen lassen, kann haften – mit Schmerzensgeld, Ausfallkosten, Regress der Krankenkasse. Private Haftpflicht schützt Mieter, Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht die Eigentümer. Urlaub entbindet nicht: **Wer verreist, bleibt verantwortlich und muss eine Vertretung organisieren.** Die gute Nachricht: Ein kurzer Zettel im Hausflur, ein Gruppenchat im Haus, eine klare Rotation – und das Thema verliert seinen Schrecken.

Winterdienst ist kein Naturtalent. Es ist eine kleine Alltagskunst zwischen Schneeflocke und Satzung, zwischen Nachbarschaft und Haftung. Wer die zwei, drei Regeln seines Ortes kennt, spart Nerven – und verhindert stille Dramen auf glatter Kante. Am Ende gewinnt das Viertel, nicht die Vorschrift. Die Straßen werden wieder wach, der Bäcker macht die Tür auf, und die Menschen treten fester auf. Vielleicht klingelt der Paketbote dann und sagt: „Danke für den Weg.“ Das wäre eine schöne Spur, die bleibt.

Kernpunkt Detail Interesse für den Leser
Pflichtträger Kommunen übertragen Räum- und Streupflicht oft auf Eigentümer; Mieter nur bei klarer Vertragsklausel Vermeidet unnötigen Streit im Haus und teure Haftungsfallen
Zeit & Breite Meist 7–20/21 Uhr (Sonn-/Feiertage später); Durchgang 1–1,5 m Sicher unterwegs, ohne überzogenen Aufwand
Material & Methode Splitt/Sand statt Salz; erst Pfad, dann Flächen; bei Dauerfall wiederholen Schont Umwelt, spart Kraft und mindert Sturzrisiken

FAQ :

  • Wer muss den Gehweg räumen – Eigentümer oder Stadt?In vielen Gemeinden überträgt die Straßenreinigungssatzung die Pflicht auf die Grundstückseigentümer. Die Stadt bleibt nur an bestimmten Abschnitten zuständig, etwa an Hauptstraßen oder Bushaltestellen.
  • Müssen Mieter räumen?Nur wenn der Mietvertrag den Winterdienst ausdrücklich und verständlich auf sie überträgt. Fehlt diese Klausel, bleibt die Pflicht beim Eigentümer oder beim beauftragten Winterdienst.
  • Ab wann und wie breit räumen?Üblich sind Werktage ab 7 Uhr, Sonn- und Feiertage später; Ende meist 20 oder 21 Uhr. Räumen Sie einen 1–1,5 Meter breiten Weg, damit zwei Personen aneinander vorbeikommen.
  • Ist Streusalz erlaubt?In vielen Städten auf Gehwegen verboten oder nur in Ausnahmen (z. B. bei Blitzeis, Treppen, Rampen) zulässig. Besser Splitt, Sand oder Granulat nutzen – das schützt Umwelt und Schuhe.
  • Was gilt bei Urlaub oder Krankheit?Pflichten bleiben bestehen. Organisieren Sie eine Vertretung durch Nachbarn, einen Dienstleister oder eine Hausgemeinschafts-Rotation, damit es gar nicht erst gefährlich wird.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen