Sekunden später steht die Frage im Raum, die niemand gern stellt: Wer zahlt den Schaden – Mieter, Eigentümer oder Verwalter? In schneereichen Wintern wird aus einer weißen Idylle schnell ein Haftungsproblem. Und genau da beginnt die Unsicherheit, die man spürt, wenn man an einem Altbau mit steilem Dach vorbeigeht und der Wind das Blech ächzen lässt.
Es ist früh am Morgen, die Stadt klingt gedämpft unter einer frischen Schneedecke. Vor einem Gründerzeithaus bleibt ein Mann stehen, um seine Handschuhe anzuziehen, da rutscht eine schwere, graue Masse vom Dach. Der Schlag ist dumpf, der Schreck groß, die Jacke reißt, der Ellenbogen schmerzt. Ein Zettel klebt am Haus: „Vorsicht Dachlawinen“. Der Mann schaut hoch, dann in seine Tasche, dann auf die nassen Fetzen von Quittungen, die er eben noch brauchte. Der Hausmeister taucht im Flur auf, zuckt mit den Schultern, „ist halt Winter“. Die Szene wirkt alltäglich. Und doch geht es um sehr viel mehr als Pech. Wer zahlt?
Wenn Schnee vom Dach rutscht: Wessen Pflicht beginnt?
Häuser sind Orte der Geborgenheit – für diejenigen, die darin wohnen. Draußen gilt etwas anderes: die Verkehrssicherungspflicht. Wer ein Gebäude besitzt oder verwaltet, muss Gefahren vom öffentlichen Raum fernhalten, die er erkennen und beherrschen kann. Dazu zählen rutschige Gehwege, vereiste Stufen, aber auch abrutschende Dachschneemassen. Kein Schild der Welt ersetzt einen fehlenden Schneefang, wenn die Dachneigung steil ist und Tauwetter ansteht. Ein kurzer Blick nach oben wird zur Pflicht – und zur Frage nach der Verantwortung darunter.
Ein Beispiel, das viele Hausverwaltungen kennen: In München löst sich nach Tagen mit Plusgraden eine Lawine vom Altbaudach. Sie trifft eine Fahrradfahrerin, das Vorderrad verbiegt sich, sie fällt, Prellungen. Die Stadt hat in der Woche vorab gewarnt, der Wetterbericht war eindeutig. Die Eigentümergemeinschaft hatte Schneefanggitter aus Kostengründen verschoben, der Hausmeister verteilte Schilder. Die Versicherung fragt später: Welche Maßnahmen wurden wann ergriffen? Wer war beauftragt? Und warum blieb der Gehweg offen, obwohl die Lage sichtbar riskant war? Aus Routine wird plötzlich Dokumentationspflicht.
Juristisch läuft das über klare Linien. Eigentümer tragen den Hut, Verwalter setzen organisatorisch um, Mieter sind im Regelfall raus – es sei denn, ihr Mietvertrag legt ihnen eine Streupflicht am Gehsteig auf und die Dachgefahr hängt damit zusammen, was selten ist. Gemeinden legen per Satzung fest, ob Schneefanggitter in bestimmten Zonen Standard sind. Ein Warnschild kann entlasten, falls sonst alles erfüllt wurde, wirkt aber nicht wie ein Zauberschein. Und da ist noch die Passantenseite: Wer unter einer erkennbar gefährlichen Traufe spaziert, kann sich ein Stück Mitverschulden anrechnen lassen. Ein Balanceakt zwischen Sorgfalt und Alltag.
Was Betroffene tun – und was Eigentümer jetzt wirklich regeln müssen
Nach dem Knall zählt Ruhe. Erst die Verletzung checken, dann Beweise sichern: Fotos von Dachkante, Schneekante, Spuren am Boden, Schäden an Kleidung oder Gegenständen. Zwei Sätze von Zeugen notieren, Namen und Telefonnummern. Arztbesuch dokumentieren, auch bei scheinbar kleinen Blessuren. Danach den Verwalter oder Eigentümer kontaktieren, schriftlich, mit Datum, Uhrzeit, Wetterlage. Wenn vorhanden, die Polizei oder das Ordnungsamt informieren. So entsteht eine Kette, die später trägt, wenn aus Ärger ein Anspruch wird.
Für Eigentümer heißt es: Lage prüfen, Maßnahmen einleiten, dokumentieren. Dachbereich sperren, wenn akute Gefahr besteht, Fachbetrieb für Schneeräumung rufen, Fotos und Einsatznachweise sammeln. Bestehende Sicherheitskonzepte gegenchecken: Schneefanggitter, Räumpläne, Winterdienstverträge. Wir kennen alle diesen Moment, in dem man hofft, es geht schon gut. Seien wir ehrlich: Niemand kontrolliert jeden Morgen die Traufe. Wer die Abläufe aber klar regelt, muss nicht ständig schauen – er kann belegen, dass er’s im Griff hat.
Kommt es zum Schaden, bewegt sich die Regulierung über die Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht. Sie prüft, ob eine Pflichtverletzung vorliegt, und zahlt bei Verschulden. Unterversicherte oder fehlende Policen machen es teuer für den Eigentümer. Der Verwalter haftet, wenn er offensichtliche Gefahren ignoriert oder Aufträge nicht erteilt. Dokumentation ist keine Bürokratieübung, sondern Rettungsleine im Streitfall.
„Ein Warnschild ersetzt keine Sicherung. Wer die Gefahr beherrschen kann, muss handeln – nicht nur warnen.“ – Fachanwältin für Versicherungsrecht
- Eigentümer: Organisation, Sicherungsmaßnahmen, Versicherungsdeckung
- Verwalter: Umsetzung, Beauftragung, Kontrolle und Nachweise
- Mieter: selten in der Pflicht, außer bei klar übertragenen Aufgaben
- Passant: Anspruch auf Schadenersatz, mögliches Mitverschulden bei offensichtlicher Gefahr
- Beweise: Fotos, Zeugen, Wetterdaten, medizinische Unterlagen
Zwischen Recht und Realität: Was bleibt hängen
Die Schneelawine vom Dach ist kein exotischer Unfall, sondern eine Schnittstelle aus Alltag, Wetter und Verantwortung. Wer hier fair agiert, verhindert nicht nur Verletzungen, sondern auch zähe Auseinandersetzungen. Manchmal reichen kleine Handgriffe: Gehwege bei Tauwetter kurz sperren, einen Räumdienst auf Abruf haben, Hausgemeinschaften früh informieren. Und Passanten? Ein Blick nach oben kann nerven, rettet aber Taschenrechner, Fahrradfelgen und Schultern. Das klingt banal und ist doch wertvoller, als es auf den ersten Blick wirkt.
| Kernpunkt | Detail | Interesse für den Leser |
|---|---|---|
| Haftungsrolle | Eigentümer verantwortet Sicherung, Verwalter organisiert, Mieter meist außen vor | Wer zahlt im Ernstfall – klare Zuordnung |
| Beweissicherung | Fotos, Zeugen, Wetterdaten, Arztbericht, schriftliche Meldung | Erhöht Chance auf schnelle Regulierung |
| Prävention | Schneefanggitter, Sperren, Räumdienst, Dokumentation | Unfälle vermeiden und rechtlich auf der sicheren Seite sein |
FAQ :
- Haftet der Mieter, wenn eine Dachlawine jemanden trifft?In der Regel nein. Mieter haften nur, wenn ihnen per Vertrag konkrete Winterpflichten übertragen wurden und sie diese verletzt haben.
- Reicht ein Warnschild „Vorsicht Dachlawinen“ aus?Nein, ein Schild kann ergänzen, ersetzt aber keine wirksamen Sicherungsmaßnahmen wie Schneefanggitter, Räumung oder Absperrung.
- Welche Versicherung kommt für Schäden auf?Meist die Haus- und Grundbesitzer-Haftpflicht des Eigentümers. Bei Personenschäden sind auch Schmerzensgeld und Verdienstausfall Teil der Prüfung.
- Kann dem Passanten ein Mitverschulden angerechnet werden?Ja, wenn die Gefahr offensichtlich war und es eine erkennbare Alternative gab, kann der Anspruch gekürzt werden.
- Wie schnell sollte ich den Schaden melden?Am besten sofort: Verwalter/Eigentümer informieren, Beweise sichern, Arzt aufsuchen. Rechtliche Ansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren.









